Hamburger Abendblatt 5./6.4.2003
Ist ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten, wird häufig versucht, durch die Reduzierung der Gehälter Kosten zu sparen. Nach der Rechtsprechung ist eine Lohnsenkung im Rahmen einer Änderungskündigung jedoch nur unter strengen Vorraussetzungen möglich. Sie ist rechtlich zulässig, wenn bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.
Das Bundesarbeitsgericht hatte in einem Urteil vom 16.5.2002 (AZ: 2 AZR 292/01) über eine Änderungskündigung zu entscheiden, die ein Arbeitgeber gegenüber einer gewerblichen Arbeitnehmerin aus der Textilindustrie ausgesprochen hatte. Die Arbeitnehmerin erhielt eine freiwillige übertarifliche Zulage von 1,77 EUR die Stunde, die durch die Kündigung abgeschafft werden sollte. Der Arbeitgeber begründete dies unter anderem mit der Gleichbehandlung gegenüber anderen Kollegen in der Abteilung, die diese Zulage nicht erhielten.
Hierzu hat das Gericht aber ausgeführt, dass ein Arbeitgeber, der mit einzelnen Arbeitnehmern einzelvertraglich ein höheres Gehalt vereinbart hat, als es dem betrieblichen Niveau entspricht, das Gehalt nicht unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz dem niedrigeren Gehalt der übrigen Arbeitnehmer anpassen darf. Nach Auffassung der Richter dient der Gleichbehandlungsgrundsatz allein zur Begründung von Rechten, nicht aber zu deren Beschränkung. Die Lohnsenkung war daher nicht erfolgreich.