15.05.2004

Bei Diebstahl droht fristlose Kündigung

Hamburger Abendblatt 15./16.05.2004

Rechtfertigt der Diebstahl von 62 Minifläschchen Alkoholika und 2 Rollen Küchenkrepp die fristlose Kündigung einer Verkäuferin? Hierüber hatte das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 11.12.2003 (AZ : 2 AZR 36/03) zu entscheiden.

Diese Gegenstände hatte die Klägerin aus dem Lager ihres Arbeitgebers mitgenommen, woraufhin dieser ihr fristlos kündigte. Die Klägerin verteidigte sich u.a. dahingehend, dass die Fläschchen längere Zeit im Lager gestanden und aus beschädigten Packungen gestammt hätten. Sie habe den Auftrag gehabt, das Lager in einen tadellosen Zustand zu versetzen. Um den unordentlichen Eindruck zu beseitigen, habe sie die Sachen beseitigen müssen. Sie habe sich berechtigt gefühlt, die Sachen mit nach Hause zu nehmen, da der Arbeitgeber die Ware bereits aufgeben habe.

Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung ist auch der Diebstahl von Sachen mit geringem Wert an sich als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung geeignet. Die Rechtfertigung, die Waren seien nicht mehr für den Verkauf bestimmt gewesen und hätten daher keinen wirtschaftlichen Wert mehr dargestellt, haben die Richter nicht anerkannt. Sie haben darauf hingewiesen, dass Dritte für derartige Alkoholika in einem anderen Geschäft ca. 20 EUR zahlen müssten. Nur der Arbeitgeber als Eigentümer habe das Recht, über die Ware zu verfügen.

Bei der Interessenabwägung müsse berücksichtigt werden, wie es sich beim Arbeitgeber auf das Verhalten anderer Arbeitnehmer auswirke, wenn er derartige Vorfälle ohne größere Sanktionen in seinem Betrieb zulasse. In einem Handelsbetrieb, dessen Waren den Arbeitnehmern anvertraut seien, könne es allein aus Gründen der Abschreckung der anderen Arbeitnehmer erforderlich sein, in Diebstahlsfällen hart durchzugreifen.
 
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