Hamburger Abendblatt 22./23.04.2006
Beim Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen stellt sich für den Arbeitgeber häufig das Problem der richtigen sozialen Auswahl. Zwar hat der Gesetzgeber in Paragraph 1 Kündigungsschutzgesetz festgelegt, daß insoweit die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers bei der Sozialauswahl zu berücksichtigen sind. Im Einzelfall kann die Entscheidung dennoch sehr schwierig sein.
So musste das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 2.6.2005 – 2 AZR 480/04) über die Klage eines 42-jährigen Ausbilders entscheiden, dem wegen Rückgangs der Auszubildenden betriebsbedingt gekündigt worden war. Die Beschäftigungszeit bei seinem Arbeitgeber betrug acht Jahre. Er war der Auffassung, dass statt seiner sein 55-jähriger Kollege, der erst drei Jahre für seinen Arbeitgeber gearbeitet hatte, hätte gekündigt werden müssen. Die Richter teilten seine Einschätzung jedoch nicht und wiesen die Revision zurück.
Nach dem Gesetzeswortlaut habe der Arbeitgeber die sozialen Gesichtspunkte „ausreichend“ zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber stehe insoweit bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein Wertungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung müsse nur vertretbar sein und nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen müssen. Da keinem der im Gesetz genannten Kriterien eine Priorität gegenüber den anderen zukomme, habe die längere Betriebszugehörigkeit des Klägers kein ausschlaggebendes Gewicht.