28.04.2007

Sozialauswahl: Neues Urteil

Hamburger Abendblatt 28./29.04.2007

Im Fall einer betriebsbedingten Kündigung ist ein Arbeitgeber verpflichtet, eine Sozialauswahl unter den bei ihm beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmern vorzunehmen, wenn er nicht allen Arbeitnehmern kündigen will. Dabei hat er die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung ausreichend zu berücksichtigen, was er mit Hilfe eines Punktesystems darstellen kann.

Nach bisheriger Rechtsprechung konnten sich, wenn auch nur ein vergleichbarer sozial stärkerer Arbeitnehmer von der betriebsbedingten Kündigung ausgenommen worden war, weil dem Arbeitgeber bei der Ermittlung der Punktezahlen ein Fehler unterlaufen war, alle sozial schwächeren zur gleichen Zeit gekündigten Arbeitnehmer auf die fehlerhafte Auswahl berufen. Dies hatte zur Folge, dass sämtliche Kündigungen unwirksam waren (sogenannte Domino-Theorie). Das galt selbst dann, wenn die nach dem Punktsystem erstellte Rangfolge im übrigen fehlerfrei erfolgt war.

Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitgericht (Urteil vom 9.11.2006 – 2 AZR 812/05) nunmehr aufgegeben. Es hat entschieden, dass in Fällen, in denen der Fehler bei der Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers nicht ursächlich für die Kündigung war, die Sozialauswahl ausreichend ist. Kann der Arbeitgeber nachweisen, dass der gekündigte Arbeitnehmer auch bei richtiger Erstellung der Rangliste anhand des Punktesystems zur Kündigung angestanden hätte, ist die Kündigung danach nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam.
 
hmbr-grg 2024-11-23 wid-79 drtm-bns 2024-11-23