Hamburger Abendblatt 31.01./01.02.2009
Nicht jeder als Praktikant bezeichnete Beschäftigte ist auch ein solcher. Überwiegt im Vertragsverhältnis die Arbeitsleistung gegenüber dem Ausbildungszweck, so ist der Beschäftigte unabhängig von der Bezeichnung im Vertrag Arbeitnehmer und dementsprechend zu vergüten. Dies entschied das Arbeitsgericht Kiel (Urteil vom 19.11.2008 – AZ 4 Ca 1187d/08) in einem Rechtsstreit zwischen einem formell als Praktikanten Beschäftigten und einem Altenheimbetreiber.
Geklagt hatte ein junger Mann, der 17 Monate als Praktikant in einem Seniorenheim gearbeitet hatte. Die vertraglich vorgesehene wöchentliche Arbeitszeit betrug 38,5 Stunden, die Vergütung 200 EUR monatlich. Der Kläger wurde in den Dienstplänen des Beklagten geführt und hat die Tätigkeiten eines Wohnbereichshelfers erbracht. Der Beklagte stellte dem Kläger für den Fall, dass das Praktikum erfolgreich absolviert werde, einen Ausbildungsplatz für eine 18-monatige Ausbildung zum Altenpfleger in Aussicht. Nach Auslaufen der Vereinbarung hat der Beklagte dem Kläger jedoch keinen Ausbildungsplatz angeboten. Daraufhin klagte der Kläger die für die Vertragslaufzeit für einen Wohnbereichshelfer übliche Vergütung von monatlich 1.286 EUR brutto ein, insgesamt 10.317 EUR.
Die Richter gaben ihm Recht, weil es sich um ein Arbeitsverhältnis handele und die vereinbarte Vergütung sittenwidrig sei. Es komme nicht auf den Vertragswortlaut, sondern die praktische Durchführung an. Es erschloss sich dem Gericht zudem nicht, inwieweit für eine 18-monatige Ausbildung zum Ausgleich etwaiger Defizite ein 17-monatiges Praktikum erforderlich sein soll.