Hamburger Abendblatt 19./20.05.2001
Die Kündigung eines Arbeitnehmers aus Krankheitsgründen ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Hierbei ist zwischen einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen und einer Kündigung wegen langanhaltender Krankheit zu unterscheiden.
Bei häufigen Kurzerkrankungen klärt das Gericht zunächst, ob eine negative Gesundheitsprognose besteht, d.h. es müssen zum Zeitpunkt der Kündigung objektive Tatsachen vorliegen, die die ernste Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Bei einer Kündigung wegen langanhaltender Krankheit muß die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmer zum Kündigungszeitpunkt noch bestehen und für voraussichtlich längere oder nicht absehbare Zeit noch andauern. In beiden Fällen kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber behauptete negative Gesundheitsprognose dadurch entkräften, dass er seine ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbindet und diese seine gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilen.
Im zweiten Schritt wird geprüft, ob die Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers führen. Hierbei kommen zum einen schwerwiegende Störungen im Betriebsablauf und zum anderen erhebliche wirtschaftliche Belastungen des Arbeitgebers in Betracht.
Im dritten Schritt wird eine Interessenabwägung vorgenommen. Es ist abzuwägen, ob im konkreten Einzelfall die betrieblichen Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise noch hinzunehmen sind oder ihn überfordern.
Hierbei spielen unter anderem das Alter und die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers eine Rolle. Ist die Krankheit auf betriebliche Ursachen zurückzuführen, ist dies zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis in der Vergangenheit längere Zeit ohne krankheitsbedingte Fehlzeiten verlief. Weiter ist von Bedeutung, welche Stellung der betroffene Arbeitnehmer im Betrieb hat. Je unentbehrlicher der Arbeitnehmer ist, um so weniger sind dem Arbeitgeber Überbrückungsmaßnahmen zumutbar.