08.09.2018

Darf die freiwillige Leistungszulage gestrichen werden?

Hamburger Abendblatt 8./9.9.2018

Die Leserfrage: Ich arbeite in einem Softwareunternehmen, und mein Gehalt beträgt laut Arbeitsvertrag monatlich 6.000,-- Euro. Vor zwei Jahren habe ich dann ein Schreiben bekommen, wonach mir mein Arbeitgeber eine zusätzliche freiwillige Leistungszulage von 900,-- Euro zahlt, die aber keinen künftigen Rechtsanspruch begründen soll. Nun hat mein Arbeitgeber mir und zwei Kollegen diese Zulage schriftlich gekündigt. Damit soll ich zukünftig wieder nur noch 6.000,-- Euro verdienen. Ist die Kündigung der Zulage rechtens?   
Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Grundsätzlich ist Ihr Arbeitgeber zur Bezahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung verpflichtet. Ein Arbeitnehmer kann auf die Beständigkeit der monatlich zugesagten Vergütung, die nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft ist, vertrauen. Er erbringt im Hinblick hierauf seine Arbeitsleistung und stellt auch sein Leben darauf ein.

In Ihrem Fall hat Ihr Arbeitgeber einen Teil Ihres laufenden monatlichen Gehaltes gekündigt, die er als freiwillige Leistung bezeichnet hat, auf die kein Rechtsanspruch bestehen soll. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25.4.2007, 5 AZR 627/06) benachteiligt ein derartiger vertraglicher Ausschluss jeden Rechtsanspruchs bei laufendem Arbeitsentgelt jedoch den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Er ist deshalb nach Paragraf 307 Bürgerliches Gesetzbuch unwirksam. Denn die Möglichkeit, die zugesagte Zahlung grundlos und dazu noch ohne Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend.

Zwar haben nach Auffassung der Richter Arbeitgeber wegen der Ungewissheit  der wirtschaftlichen Entwicklung und der allgemeinen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses ein anerkennenswertes Interesse daran, bestimmte Lohnleistungen flexibel auszugestalten. Die-es Interesse könnten Arbeitgeber jedoch auch mit der Vereinbarung von Widerrufs- oder Anrechnungsvorbehalten verwirklichen, was in Ihrem Fall jedoch nicht geschehen ist. Die Teilkündigung der Leistungszulage durch Ihren Arbeitgeber ist daher nicht rechtens. Sie haben weiterhin Anspruch auf die Zulage von 900,-- Euro.

 
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