04.04.2015

Kündigung bei lang andauernder Erkrankung

Hamburger Abendblatt 04./05.2015

Die Leserfrage: Ich habe einen Betrieb mit 30 Angestellten. Einer meiner Mitarbeiter, der bereits seit ca. 15 Jahren bei mir beschäftigt ist, ist schon seit Januar 2014 krank. Ich habe mich mehrfach bei ihm erkundigt, wann er wieder kommt. Er hat mir nur ausweichende Antworten gegeben. Kann ich ihm jetzt wegen Krankheit kündigen?

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Da bei Ihrem Mitarbeiter eine Arbeitsunfähigkeit von länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres besteht, sollten Sie zunächst mit Ihrem Mitarbeiter ein sogenanntes BEM-Gespräch, d. h. ein Gespräch zum betrieblichen Eingliederungsmanagement, anstreben. In diesem ist abzuklären, inwieweit Ihr Betrieb zur Genesung des Mitarbeiters beitragen kann.  Eine krankheitsbedingte Kündigung kommt nur dann in Betracht, wenn bei Ihrem Mitarbeiter eine negative Gesundheitsprognose vorliegt. Hierzu sollten Sie noch einmal versuchen, von Ihrem Mitarbeiter Auskunft über seinen Gesundheitszustand zu erhalten. Allerdings ist Ihr Mitarbeiter nicht verpflichtet, Ihnen gegenüber Angaben zu seiner Erkrankung zu machen und an einem BEM-Gespräch teilzunehmen.

Erhalten Sie von Ihrem Mitarbeiter keine Informationen, bleibt Ihnen nur der Weg, eine krankheitsbedingte Kündiung wegen Langzeiterkrankung auszusprechen und im Prozess vorzutragen, dass der lange Krankheitsverlauf bei Ihrem Mitarbeiter eine negative Gesundheitsprognose indiziere. Ihr Mitarbeiter müsste hierzu dann genauer Stellung nehmen und seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden, um eine positive Gesundheits-prognose darstellen zu können.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 8.11.2007, 2 AZR 425/06) ist eine Kündigung bei einer Langzeiterkrankung erst dann sozial gerechtfertigt, wenn mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in den nächsten 24 Monaten nach Zugang der Kündigung nicht gerechnet werden kann. Wobei es für die Prognose auf den Zeitpunkt der Kündigung ankommt. Im Streitfall müsste dann ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um diese Frage abschließend beurteilen zu können.

 

 
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