12.04.2014

Oft krank - darf mein Chef mir einfach kündigen?

Hamburger Abendblatt 12./13.04.2014

Die Leserfrage: Ich bin seit zehn Jahren in derselben Firma und immer mal wieder für einige Wochen durch Krankheit ausgefallen. Während meiner letzten Krankschreibung hat mein Chef mich angerufen und gedroht, wenn ich nicht bald wieder durchgängig arbeiten könne, würde er mir kündigen. Darf er das?

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Grundsätzlich kann auch einem erkrankten Arbeitnehmer gekündigt werden. Allerdings stellt die Rechtsprechung an die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung hohe Anforderungen. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen und der Kündigung wegen langandauernder Arbeitsunfähigkeit. Nach Ihren Schilderungen liegen bei Ihnen wohl häufigere Kurzerkrankungen vor. Nach Ausspruch einer Kündigung würde das Arbeitsgericht  im Rahmen einer Kündigungsschutzklage zunächst eine genaue Aufstellung Ihrer Krankheitsdaten der vergangenen Jahre verlangen, um sich ein Bild über Ihre Fehlzeiten in Ihrer Firma machen zu können.

Anschließend wird vom Gericht geprüft, ob bei Ihnen eine negative Gesundheitsprognose besteht, wobei hierfür auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abzustellen ist. Ist Ihr behandelnder Arzt der Auffassung, dass sich Ihr Gesundheitszustand zukünftig verbessern wird, wäre es sinnvoll, wenn Sie in dem Gerichtsverfahren ein entsprechendes ärztliches Attest vorlegen würden. In der Regel wird das Gericht zu dieser Frage aber auch ein ärztliches Sachverständigengutachten einholen.Liegt eine negative Gesundheitsprognose vor, wird geprüft, ob es hierdurch zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen bei Ihrem Arbeitgeber kommt. Hierbei spielen die anfallenden Entgeltfortzahlungskosten des Arbeitgebers eine wichtige Rolle.

Abschließend nimmt das Gericht eine Interessenabwägung vor, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise noch hingenommen werden müssen oder nicht. Ob eine krankheitsbedingte Kündigung Ihres Arbeitgebers berechtigt wäre oder nicht, hängt also im Wesentlichen von Ihren krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit ab und ob für Sie eine negative Gesundheitsprognose besteht.

 

 
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